Wieder einmal heißt es früh aufstehen. Aber die Ankündigung, dass wir erst nach Mitternacht unser Tagesziel erreichen werden, scheint uns doch ein wenig übertrieben. Schließlich liegen schon ganz andere Strecken hinter uns als die 357 Kilometer bis Atyrau. Gut, es geht über die Grenze von Russland nach Kasachstan, aber auch das kann ja wohl nicht länger als drei Stunden dauern.

Polizeikontrolle
Doch schon kurz vor neun – wir sind noch keine Stunde gefahren – stoppt uns ein Polizist. Sein freundliches „Guten Morgen“ auf deutsch ändert nichts daran, dass er uns 40 Minuten aufhält und erst nach Zahlung von 6000 Rubel (rund 100 Euro) fahren lässt.
An der Grenze läuft es dann unerwartet gut. Nur jeweils eine Stunde werden wir von Russen und Kasachen aufgehalten. Kurz darauf stoppt uns noch einmal für 10 Minuten ein Polizeiposten, aber dann haben wir freie Fahrt.
Doch jetzt kommt’s erst richtig dicke: Die kasachischen Highways sind zumindest in diesem Teil des neuntgrößten Landes der Erde in einem so erbärmlichen Zustand, dass jede Schlaglochpiste in Deutschland dagegen eine Schnellstraße ist. Wir fürchten, dass es unseren Bus zerreißt, aber bis auf ein paar Schrammen am Spoiler bleibt er unversehrt. Aber nach eineinhalb Stunden haben wir gerade einmal 25 Kilometer zurückgelegt. Das Tempo 70-Schild am Straßenrand hätte man sich sparen können.

Kasachsische Schnellstraße: Überholen wird zum Abenteuer.
Gegen drei Uhr ist mal wieder eine Pinkelpause angesagt, aber bei dem Zustand der Tankstellen-Toilette ziehen es die meisten vor, in die kaum vorhandenen Büsche zu gehen. Beim nächsten Mal halten wir gleich auf freier Strecke. Busfahrer Christian kann dabei gleich seine 15-Minuten-Pause einlegen und wir einen nahegelegenen muslimischen Friedhof fotografieren.

„Technischer Stop“ in der Steppe.
Jetzt geht es aber schneller voran. Um halb sieben Ortszeit (die Uhren wurden wieder eine Stunde vorgestellt) sind es nur noch 140 Kilometer. Unterwegs waren übrigens die ersten Kamele zu sehen, aber auch Pferde, Kühe und Schafherden.
Das Schlimmste liegt hinter uns. Christian hat wirklich alles gegeben, damit wir unser Ziel deutlich vor Mitternacht erreichen. Daran kann auch der Polizeiposten nichts ändern, der uns 25 Kilometer vor Atyrau noch einmal rauswinkt. Noch vor 22 Uhr Ortszeit sind wir am Ziel und bekommen noch ein leckeres Abendessen unter anderem mit Chicken-Leberkäse. kein Wunder, der Hotelchef ist Österreicher!
Unsere neue Expertin Birgit Brauer, die unter anderem 15 Jahre in Kasachstan gelebt hat und mit einem Kasachen verheiratet ist, hat in unserem Bus eine Menge über das Land und Zentralasien berichtet und wurde von uns auch noch beim Abendessen mit Fragen gelöchert, da sie an unserem Tisch saß. So wurde es dann doch wieder Mitternacht, bis wir unsere Mails gecheckt und unseren Blog zumindest bis Wolgograd ergänzen konnten. Es ist einfach zu viel geboten und bei der Rüttelei im Bus war Schreiben heute kaum drin.