Tag 53: Souzhou – Tongli

Wir haben uns entschieden, unseren Zusatztag in Shanghai nicht mit Shopping oder einem weiteren Rundgang durch die Altstadt zu vertrödeln und einen Extraausflug nach Suzhou gebucht. Die mehr als 2500 Jahre alte und von Kanälen durchzogene Stadt südlich von Shanghai wurde von Marco Polo „Venedig des Ostens“ genannt. Sie ist mit rund acht Millionen Einwohnern eine kleine Stadt, sagt Yang Deli („übersetzt: macht alles perfekt), unser lokaler Reiseleiter für diesen Tag. Er spricht recht verständliches Deutsch (hat er an der Schule gelernt und durch seine in Heidelberg lebende Schwester, die er regelmäßig besucht, verbessert).

Die Stadt Suzhou liegt  am Kaiserkanal, der längsten von Menschen geschaffenen Wasserstraße der Welt und inzwischen Weltkulturerbe. Mit einer Länge von mehr als 1800 Kilometern und einer Breite von bis zu 40 Metern verband der Kanal den Norden Chinas (Peking) mit dem fruchtbaren Mündungsgebiet des Jangtsekiang. Dabei muss er einen Höhenunterschied von 42 Metern überwinden, ist 3 bis 9 Meter tief und gilt als das Meisterwerk der Wasserbaukunst im alten China. Erste Teile sind schon vor 2400 Jahren entstanden, und um 600 war er zu einem ganzen Netz von Kanälen gewachsen. Mussten die Schiffe zunächst noch über Rutschen und Rampen die Höhenunterschiede überwinden, wurden ab dem Jahr 984 nach und nach Schleusen – auch das eine Erfindung der Chinesen – gebaut. Endgültig fertig war der Kaiserkanal allerdings erst im 13. Jahrhundert.

Doch damit genug der trockenen Zahlen und dafür noch etwas zum Thema Essen, zu dem wir durch unseren Begleiter noch Dinge erfuhren, die für uns neu waren. Zum Beispiel sahen wir unterwegs viele Gänse, und deren Fleisch wird hier nicht wie bei uns im Winter, sondern im Sommer gegessen, und das kalt und gerne mit Reis. Verzehrt wird fast alles. So lieben die Chinesen Gänse-, Enten- oder Hühnerfüsse und auch Hals und Kopf. „Alles, was Sport macht“, sagt unser Begleiter, also der Bewegungsapparat und das Muskelfleisch. Die Brust gibt man dagegen dem Nachbarn als Futter für Hund oder Katze. Fleisch ohne Knochen ist deshalb billig in China, auch Schweine- oder Rinderfilet.

Gondelfahrt im Venedig des Ostens.

Wir besichtigen einen 900 Jahre alten Garten mit Namen „Garten des Fischernetzes“, werden mit chinesischen „Gondeln“ durch das Labyrinth des Fischerdorfes Tong Li im Großraum Suzhou geschaukelt und bekommen ein schmackhaftes Mittagessen in einem Lokal, in dem westliche Gäste offenbar selten aufschlagen. Unser letztes Essen am großen Drehtisch. Zum Abschluss geht es dann noch im Motorboot über den Kaiserkanal durch die Altstadt von Suzhou. Ein Ringkanal nimmt hier die Berufsschiffahrt auf, weil der alte Kanal durch die Stadt für große Schiffe viel zu eng ist und bei Hochwassergefahr abgesperrt wird. Auch hier ist man zwar stark auf Touristen eingestellt, aber dennoch erleben wir ein Stück authentisches China. Ein interessanter Abschluss unserer langen Reise. Und kaum sind wir wieder im Bus, beginnt es heftig zu regnen. Es ist halt Monsunzeit. Aber wir sitzen ja im Trockenen.

Am alten Teil des Kaiserkanals ist die Zeit stehen geblieben.

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