Tag 8: Homel – Orjol

Leute, die Reise ist echt DER HAMMER! Weil man mit langwierigen Grenzformalitäten rechnet, ist frühes Abfahren angesagt: Frühstück um 6 Uhr – keine gute Zeit für Rentner! Da die Erklärungen unseres russischen Führers Wladimir sehr sparsam sind, kommt eine neue Führerin an Bord: Katja. Zusammen mit den beiden russischen Führern und den diversen Aufpassern samt Supervisorin sind es jetzt sechs Leute für unsere zwei Busse. Erst mal berichtet sie, dass in Weißrussland alles „sehr schön, sehr gut“ ist, taut dann aber allmählich auf und erzählt ein bisschen mehr. Sie ist Lehrerin für Deutsch an einer Schule, verdient im Monat rund 380 Euro, die Hälfte davon geht für die Miete drauf, für eine 20 Quadratmeter-Wohnung mit einer Sanitäreinheit (Dusche und eine Toilette) für 15 Wohneinheiten. Da wohnt sie mit Mann und Kind. Der Mann, ein Ingenieur, versucht sich als Steinmetz mit eher kargem Einkommen.
Der weißrussische Präsident ist „sehr gut, sehr tolerant“, sagt Katja, aber als es im März landesweite Demos gegen die „Schmarotzersteuer“ für Arbeitslose gab, mussten an ihrer Schule alle Lehrer am Samstag außerplanmäßigen Unterricht halten, damit sie nicht mitdemonstrieren konnten.

Verbotener Schnappschuss an der russischen Grenze.

Um 8 Uhr erreichen wir die erste Grenze: Von Weißrussland in die Ukraine (leider dürfen wir nicht direkt nach Russland sondern müssen den Umweg über die Ukraine nehmen). Um 9.30 Uhr ist die Ausreise erledigt und die Einreise in die Ukraine kann beginnen. Um 11.55 Uhr öffnet sich dann endlich die Schranke. Blödes Gefühl: Die Gegend zählt zu den am heftigsten von Tschernobyl verstrahlten Gebieten und die Grenze ist nur etwa 50 bis 100 Kilometer von Tschernobyl entfernt. Und in der „Zeit“ von der Vorwoche war ein großer Bericht darüber, dass in Weißrussland die Strahlung schon gar nicht mehr gemessen wird. Zum Mittagessen gab es Pilzsuppe – die Pilze mussten offenbar weg.

Rund 50 Kilometer geht es durch die Ukraine und dann beginnt das Grenzspiel von Neuem: Um 15 Uhr stehen wir mitten im Wald vor der russischen Grenze. Und wieder ist Warten angesagt. Es heißt, ein Drogenhund kommt durch, wir sollen sitzen bleiben und den Hund auf keinen Fall streicheln (die Gefahr ist bei mir ohnehin gering). Wir rechnen mit einem Schäferhund – aber es kommt ein kleiner, etwas räudiger Cockerspaniel. Zwei Stunden später haben wir die ukrainische Ausreisekomtrolle überstanden und die nächsten 200 Meter zur russischen Grenzstation überwunden. Raus aus dem Bus (mit dem kompletten Gepäck!) durch Grenze und Zoll. Doch wo ist unser zweiter Koffer? In Warschau war er noch da. Doch für den täglichen Bedarf hatten wir danach nur unsere Reisetasche benutzt. Vielleicht ist er versehentlich im zweiten Bus gelandet. Doch an den kommen wir in der Grenzstation nicht ran.

Und dann heißt es… richtig: warten. Erst um 20 Uhr geht die letzte Schranke auf und die Fahrt des Tages beginnt, gut 400 Kilometer. Um halb zwei Uhr nachts sind wir dann im Hotel. insgesamt neun Stunden Wartezeit an den Grenzen, aber die Stimmung blieb immer gut. Abends mussten wir uns dann leider von Sascha verabschieden, der ein unglaublich interessanter Gesprächspartner war, egal ob bei offiziellen Anlässen oder in den Pinkelpausen zwischendurch.

Doch was ist mit unserem Koffer? Der andere Bus durfte noch eineinhalb Stunden länger an der Grenze stehen und kam erst um drei zum Hotel im russischen Orjol. Da schlafen wir längst und hoffen auf den Morgen.

Unser erstes Hotel in Russland haben wir mitten in der Nacht erreicht.

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