Tag 11: Erinnerung an Stalingrad

Wolgograd – die Stadt, die im Zweiten Weltkrieg unter dem Namen Stalingrad zu trauriger Berühmtheit gelangt ist: Hier ist die Schlacht immer noch allgegenwärtig. Um 10 Uhr steht eine Fahrt zur mächtigen Mutter-Heimat-Statue an, mit 85 Metern Höhe eine der größten der Welt. Allein das Schwert in ihrer Hand ist 33 Meter lang.

Wir allerdings müssen erst einmal unsere Besorgungen machen. Endlich gelingt es uns auch, in einer Bank 100 Dollar in Rubel zu tauschen. Und dann ab in das nahegelegene Einkaufscenter. Dort sind wir natürlich die Schau: Wir brauchen Fleece-Jacken und Schlafsäcke für die anstehende Übernachtung am Pass, einen  neuen Koffer,  ein weißes Hemd für Klaus und irgendwas Gutes für mich. Im Adidas-Shop gibt es zwar keine Fleece-Jacken, aber Sweatjacken für uns beide. Leider nur in winzigen Frauengrößen, ich muss eine Männerjacke nehmen. Das gesamte dreiköpfige Team kümmert sich rührend um uns und am Schluss wollen sie ein Foto mit uns machen. Wir natürlich auch mit ihnen. Schlafsäcke haben sie nicht, aber dank Übersetzugssoftware auf dem russischen Handy wissen sie irgendwann, was wir wollen und schreiben uns auf russisch einen langen Begriff auf. Nach Abstechern in einen Hemdenladen, zu Gerry Weber und in einen Supermarkt haben wir alles, was wir brauchen. Den Zettel zeige ich später an der Rezeption des Hotels den netten jungen Mädels, weil ich den Verdacht habe, dass da drauf steht „Die Besitzerin dieses Zettels ist eine hysterische Zicke.“ Sie reagieren aber nicht wirklich drauf.

Erinnerungsfoto mit den deutschen Kunden im Adidas-Shop.

Um halb eins liefern wir unsere erworbenen Schätze im Hotel ab und dann ab mit dem Taxi zu dem Hügel mit der Riesen-Statue, wo wir unser Team Hamburg gerade noch vor der Weiterfahrt zum Mittagessen erreichen. Der Taxifahrer verlangt nur 400 Rubel – keine sieben Euro – für eine gut 20 Minuten dauernde Fahrt. Leider hat es wieder zu regnen begonnen, der aber nach dem Mittagessen allmählich wieder nachlässt.

Weiter geht es ans Wolgaufer, wo erbittert um einzelne Straßen und Häuser gekämpft wurde. Ein paar Ruinen und vielerlei Kriegsgerät erinnern daran. Am beeindruckendsten aber ist das Museum mit einem gigantischen Panorama – 60 Meter hoch und 120 Meter im Umfang. Im Vordergrund eine sehr realistisch modellierte Landschaft mit Schützengräben, Originalfundstücken und Gerät zeigt den Wahnsinn des Krieges. Die Modelllandschaft geht kaum erkennbar in den gemalten Hintergrund über. Dazu gibt unsere russische Führerin, die recht gut deutsch spricht, fundierte Erläuterungen.

In einem gigantischen Panorama ist die Schlacht um Stalingrad sehr realistisch dargestellt.

Am Abend ist dann ein feierliches Essen mit Gästen angesagt. Dann beschreibt Michael Thumann, wie es um den Zusammenhalt Russlands und der verbundenen Republiken bestellt ist. Er schildert nachvollziehbar, wie schwierig es ist, diese Staaten mit ihren vielen Ethnien – allein in Russland mehr als 100 – zusammenzuhalten. Und auch auf unsere Fragen weiß er wieder fundierte Antworten. Schade, dass er uns morgen verlässt.

Beeindruckt sind wir auch von zwei jungen Frauen. Rita, Russin, 23, spricht hervorragend deutsch, obwohl sie erst an der Universität damit angefangen hat. Sie war allerdings auch schon ein halbes Jahr in Berlin und berichtet, dass die Unterschiede zwischen jungen Russen und Deutschen gar nicht so groß sind. Paula macht ein frewilliges soziales Jahr in der Kirchengemeinde der Herrnhuter Bruderschaft in Wolgograd. Die Herrnhuter hatten im 18. Jahrhundert dort eine deutsche Siedlung gegründet. Die Gemeinde besteht heute noch und Paula hilft dort unter anderem, indem sie den deutschen Text in den Gottesdiensten vorliest.

Ein gelungener Abend, der noch durch eine zufällige Begegnung mit einer kleinen Gruppe von Armeniern in der Hotelbar abgerundet wird. Sie feiern eine Geburtstag und geben unserer sechsköpfigen Runde armenischen Cognac aus. Es wird doch wieder spät, bis wir ins Bett kommen.

 

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